Kampagnen-Model November: Begleiterin statt Leiterin

(26.11.2015) Hamburg. Nach Nicole Ide und Natalie Simon, den Kampagnen-Models Juli und Oktober, soll hier ein drittes Model der Schaukasten- und Imagekampagne 2015 vorgestellt werden: Leonore Matouschek, Gesicht des aktuellen Monats.

Die aktuelle Schaukasten-Plakatserie bietet viel Gesprächsstoff. Nicht nur, weil auf den Plakaten das Jahresmotto der Kirche, "Freude in Christus", in Ich-Aussagen übertragen wird, sondern auch, weil hinter diesen Aussagen echte Kirchenmitglieder stehen, die eine Menge zu erzählen haben – deutlich mehr als auf den Plakaten zu lesen ist.

Viel zu erzählen hat auch Leonore Matouschek aus Hamburg-Alstertal. "Ich freue mich, weil die ewige Gemeinschaft mit Gott meine Hoffnung ist", sagt sie auf dem Plakat, das vor ihrer Gemeinde in Alstertal wie vor Tausenden weiteren neuapostolischen Kirchen in Europa und darüber hinaus hängt. Ein kurzer Satz mit langer Geschichte.

Ewige Gemeinschaft mit Gott ist zwar die Hoffnung aller Christen, doch für Leonore Matouschek hat diese Hoffnung vor allem eines: eine tröstende Kraft. Denn besonders trostbedürftig ist die 62-Jährige seit dem Tag, an dem ihr Sohn Frank durch einen Verkehrsunfall ums Leben kam – vier Tage vor seinem 6. Geburtstag.

Es ist bezeichnend, dass sie rund 30 Jahre nach dem tragischen Unfall bei einer Kampagne mitmacht, dessen Kernaussage "Ich freue mich" ist. Für dieses "Ich freue mich" steht sie. Und damit für einen guten, aber auch langen, noch immer andauernden Prozess der Trauerverarbeitung, des Weitermachens und des Neumachens.

Ausbildung zur Trauerbegleiterin

Ein Beispiel für das Neue in ihrem Leben ist ihre Tätigkeit. Eigentlich war sie Dekorateurin und Bibliotheksassistentin gewesen, dann ganz in der Rolle der Ehefrau und Mutter zweier Kinder. Ehefrau und Mutter ist sie mit Freude geblieben, hinzugekommen ist jedoch etwas, was nach Berufung klingt: die Aufgabe als Trauerbegleiterin.

Der Weg dorthin ging über ihre mehrjährige ehrenamtliche und hauptberufliche Arbeit für den Verein "Verwaiste Eltern Hamburg e.V.", der Eltern, die ein Kind durch Tod verloren haben, in ihrer Trauer begleitet. Zusätzlich zu ihrer Praxiserfahrung hatte Leonore Matouschek Kommunikationspsychologie an der Universität Hamburg studiert.

Die zweijährige Ausbildung zur Trauerbegleiterin folgte 1997 und 1998 an einer Akademie der Nordelbischen Evanglischen Kirche, die sie mit Zertifikat erfolgreich beendete. Von diesen Lehrjahren profitiert sie noch heute. Der Redaktion der Zeitschrift "Unsere Familie" gab sie bereits weiterführende Informationen – ein Auszug:

"Ein großer Teil der Ausbildung ist der eigenen Persönlichkeitsbildung gewidmet, durch Selbstreflexion und eine vertiefte Auseinandersetzung mit eigenen Verlusterfahrungen", erklärt Leonore Matouschek. "Ich habe auch gelernt, gruppendynamische Prozesse in der Arbeit mit Trauernden zu verstehen und sie zu begleiten."

Begleiterin statt Leiterin

Eine Begleiterin, nicht Leiterin, das sei es, so die Hamburgerin, was sie für die Trauernden sein wolle. Dabei betont sie: "Ich will keine schlauen Ratschläge geben. Ratschläge sind auch Schläge." Schließlich sei Trauer so individuell, dass jeder seine eigenen Erfahrungen machen müsse, um den jeweils eigenen Weg zu finden.

Seit 2001 lässt das Alstertaler Gemeindemitglied ihre Kenntnisse und Erfahrungen in der Trauerbegleitung auch offiziell Mitgliedern der Neuapostolischen Kirche zugute kommen. Ihr Angebot hatte Wilhelm Leber als damaliger Bezirksapostel angenommen und für die Gesprächskreise entsprechende Räume zur Verfügung gestellt.

Die Gesprächskreise für Trauernde finden in der Hamburger Kirchenverwaltung statt. Einmal monatlich, an einem Donnerstagabend, kommen die Trauernden für circa zwei Stunden zusammen. Neue Betroffene können sich nach einem telefonischen Vorgespräch mit der Trauerbegleiterin zum Gesprächskreis anmelden.

Leonore Matouschek erinnert sich gern an die Zeit, als sie selbst Teilnehmerin eines solchen Gesprächskreises war: "Einige Kontakte sind bis heute geblieben. Mit ihnen verbindet mich ein tiefes gegenseitiges Verständnis, wie es sich jeder Mensch im Leben von Mitmenschen wünscht, wenn er oder sie gefühlsmäßig ganz am Boden liegt."

Worte zum Trost auf 120 Seiten

Eine zentrale Rolle habe natürlich auch ihr Glaube dabei gespielt. Ohne diesen Glauben wäre es anders gelaufen, ist sich die Trauerbegleiterin sicher. "Ich habe auch viele von Verlust Betroffene kennengelernt, die gar nichts glauben. Sie haben es ungleich schwerer. Der Weg ist härter und scheint ganz erbarmungslos."

Dass der Glaube eine Unterstützung bei Trauerbewältigung und Trostspendung sein kann, macht auch das Buch "Nimmer vergeht, was du liebend getan – Worte zum Trost" auf 120 Seiten deutlich, das Leonore Matouschek vor zwei Jahren im Bischoff-Verlag herausgegeben hat. Im Vorwort schreibt die Herausgeberin:

"Wir suchen nach Möglichkeiten, den Hinterbliebenen ein Zeichen unseres Mitempfindens und Mitgehens zu geben. Dabei möchte dieses Buch helfen: Es umfasst eine Sammlung von Zitaten aus der Bibel und aus der Literatur, aus Liedtexten des neuapostolischen Gesangbuchs und aus Trauergottesdiensten von Stammaposteln."

Ein Bibelzitat des Buchs, das sie sehr mag, ist Johannes 16,22: "Und auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen." Das passt auch gut zu Leonore Matouscheks Plakattext: "Ich freue mich, weil die ewige Gemeinschaft mit Gott meine Hoffnung ist."

Text: Björn Renz

Foto: Angela Pfeiffer

 

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